
Das Waadtländer Startup Isochronic verknüpft neuartige Industrieroboter-Kinematik mit einer proprietären Robotik-Softwareplattform, welche besonders einfach zu bedienen ist. Damit können nun Fertigungsunternehmen in der blechverarbeitenden Industrie ihre Produktionskapazitäten optimieren.
Seit rund 60 Jahren werden Roboter für verschiedene Aufgaben in der produzierenden Industrie eingesetzt. Sogenannte «Pick & Place»-Roboter etwa übernehmen das Aufnehmen und Ablegen von Einzelteilen. Dies etwa in der Blechverarbeitung: Dort schneidet ein Laser die einzelnen Teile aus, welche im Anschluss nach Typ oder Bestellung sortiert auf verschiedene Paletten abgelegt werden müssen. Während jedoch Produktionsmaschinen wie die Laserschneid-Anlage mit jeder Generation immer schneller wurden, stagnierten die Roboter in Sachen Tempo trotz Optimierungsbemühungen.
Da ist zum einen die ungenützte Rückbewegung des Roboter-Arms nach dem Ablegen eines Teils. Diese unproduktive «Leerfahrt» kann nicht einfach durch den Einsatz von weiteren Roboterarmen minimiert werden, da sich diese schnell in die Queere kommen und sich so gegenseitig bei der Arbeit behindern würden. Traditionelle Robotersysteme eignen sich zudem lediglich für kleine Arbeitsflächen, welche beim flexiblen Abräumen von Blechteilen hingegen häufig nicht ausreichen.
Diese limitierenden Faktoren hat das Entwicklerteam vom Waadtländer Startup Isochronic mit seinem innovativen, modularen «iSort-Robotersystem» überwunden. «Unser Roboter kann als erster gleichzeitig Teile aufnehmen und ablegen und so in doppelter Geschwindigkeit arbeiten», erklärt Mitgründer und CEO Melvin Haas. Möglich machen dies die beiden Träger, welche sich dank der neuartigen doppelt-rotativen Aufhängung gleichzeitig über dem Aufnahme- und Ablageort der Teile positionieren können und jeweils mit zwei «Pick-Köpfen» ausgestattet sind.
Dass die Träger und die Köpfe beim Aufnehmen und Ablegen der Teile nicht kollidieren und ihre Aufgaben in optimaler Reihenfolge abarbeiten, dafür sorgt die Steuerungssoftware von Isochronic. «Das war eine mathematische Herausforderung, hierfür die entsprechenden Algorithmen zu entwickeln», so Haas. Im Gegensatz dazu ist die Bedienung des Roboters für die Mitarbeitenden sehr intuitiv. Sie können ausgehend vom Schnittplan die Sortierung in wenigen Minuten per Mausklick planen und die Software berechnet den Rest.
Das 2020 gegründete Startup mit Sitz in Denges nahe der EPFL hat in den vergangenen Monaten bei einem grossen deutschen Blechverarbeiter ein erstes solches Robotersystem im Industriemassstab installiert. CEO Haas: «Derzeit ist unser Software-Team gerade noch vor Ort für die letzten Feinjustierungen bei der Integration in das Produktionsumfeld des Kunden.» Und der nun ehemalige Pilotkunde hat bereits ein zweites System bestellt.
Die Referenz sei enorm wichtig für die weitere Kundengewinnung, denn man warte gerade in der Fertigungsindustrie grundsätzlich den Beweis ab, dass es sich bei einer neuen Lösung nicht bloss um ein theoretisches Konzept handle, meint Haas weiter und so hat die Nachfrage nun bereits angezogen: «Wir erwarten in den nächsten Monaten weitere Bestellungen einiger europäischer Kunden sowie eine erste Bestellung aus den USA.»
Ziel des Robotik-Startups sei es jedoch langfristig nicht, ausschliesslich schlüsselfertige Robotersysteme für verschiedene Branchen zu produzieren, sondern ebenfalls die Software oder Lizenzen für die einzigartige simultane Pick & Place Technologie zu vertreiben. «Dafür prüfen wir derzeit die strategischen Optionen, um mit Mehrwert skalieren zu können», so Melvin Haas.
(Fabienne Roos)
Please login or sign up to comment.
Commenting guidelines