
Mit der Softwarelösung und dem Kalibrierkörper von IMPLANZ sollen Zahnärztinnen und -Ärzte eine bessere Übersicht über die Knochenqualität erhalten und so ein Implantat datengestützt platzieren. Das Berner Startup hat für den Aufbau seiner Geschäftstätigkeit von der Standortförderung des Kantons Bern eine zweite Förder-Tranche in der Höhe von 100'000 Franken erhalten.
Während bei ausgefallenen oder kranken Milchzähnen zum Glück noch die zweiten Zähne folgen, müssen später im Leben künstliche Zähne, zumeist Implantate, eingesetzt werden. Sei dies aufgrund fortschreitenden Alters, bei gesundheitlichen Problemen oder nach einem Unfall.
Damit diese Implantate richtig halten, müssen sie bestmöglich im Ober- oder Unterkieferknochen verankert werden. Bis anhin konnten sich Zahnärztinnen und -Ärzte für die Einschätzung der Knochenqualität und der bestmöglichen Platzierung nur auf ihre Erfahrung und ihre Intuition verlassen. Denn, obwohl CT-Bildaufnahmen gemacht werden, sind diese aufgrund der schlechten Qualität wenig informativ. Das führt mitunter dazu, dass aus Sicherheitsgründen regelmässig eine längere Schonzeit von bis zu einem halben Jahr verordnet wird, damit der Knochen das Implantat umschlossen hat.
IMPLANZ, das Startup von Nicolas Gasser und Patrik Willi, will diesen zeit- und kostenintensiven Vorgang ändern. Dazu hat IMPLANZ einerseits eine Software entwickelt, welche einen deutlich besseren Überblick über die Knochendichte erlaubt und die Computersimulation der besten Platzierung eines Implantates ermöglicht. Andererseits soll ein Kalibrierungsgerät CT-Aufnahmen von Zähnen und Kiefer verbessern. «Derzeit haben wir einen ersten Prototypen des Kalibrierungsgerätes, welcher jedoch noch etwas klobig daherkommt», so Gasser.
Die Simulationssoftware wird bereits von ersten Implantat-Herstellern zur Entwicklung neuer Implantate eingesetzt. Im nächsten Jahr soll das Kalibrierungsgerät auf den Markt kommen, gefolgt von der Simulationssoftware für die zahnärztliche Anwendung im Jahr 2027. Diese soll dazu in bestehende chirurgische Planungssoftware integriert werden, die von Zahnärztinnen und -Ärzten heute bereits genutzt werden.
«Nebst der Entwicklung und der Finanzierung des Unternehmens gehört auch die regulatorische Zulassung in der EU und den USA zu unseren Herausforderungen der nächsten Jahre», meint Gasser. Nach der Zahnmedizin als erster Markt, will IMPLANZ seine Software später auch in weiteren Medizin-Bereichen platzieren. Etwa beim Ersatz von Hüft- oder Schultergelenken oder in der Tiermedizin.
Die Basis für die Software und das Kalibrierungsgerät hat Patrik Willi, studierter Biomedizinalingenieur und Medizinalphysiker, während rund fünf Jahren Forschung im Sitem-Insel an der Universität Bern gelegt, wo er derzeit nebst seiner Rolle als CTO von IMPLANZ noch angestellt ist. Nicolas Gasser hat einen Master in Betriebswirtschaft und übernimmt als CEO den Aufbau des Geschäftsbereiches. «Wir haben uns an einem Kurs der Innosuisse kennengelernt und sind nun seit Oktober 2022 gemeinsam am Werk», so Gasser.
Vor kurzem hat die Standortförderung des Kantons Bern IMPLANZ eine Startup-Förderung in der Höhe von 100'000 Franken bewilligt. «Diesen Betrag bekommen wir in zwei Tranchen: Die erste bei der offiziellen Gründung und die zweite, wenn wir dann noch weitere Gelder einsammeln konnten», erklärt CEO Gasser. Die Gründung soll demnächst stattfinden. Das Medtech-Startup hat bereits zuvor von der Standortförderung des Kantons Bern einen Förderbeitrag von 30'000 Franken erhalten. Unterstützung bei der Entwicklung erhält das Startup zudem durch die Universität Bern im Rahmen eines Innovationsprojekts der Innosuisse. Mit der Förderung des Kantons Bern will IMPLANZ nun den Geschäftsteil auf- und ausbauen. Das frische Kapital soll etwa für die Software-Lizenzierung, den Patentschutz und die Löhne für Mitarbeitende eingesetzt werden.
(Fabienne Roos)
Bild: Die Gründer Patrik Willi (links) und Nicolas Gasser und eine Implantat-Simulation von IMPLANZ; ZVG
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